Globale Impf-Gerechtigkeit durch patent-freien Corbevax

Während in den reichen Ländern die dritte oder schon vierte Impfdosis gegen Covid-19 verabreicht wird, sind in den armen Ländern nur 10 Prozent der Bevölkerung einmal geimpft. Dort hat der Virus freien Lauf und die Variantenbildung ebenso. Eine Pandemie ist ein globales Ereignis, und das kann nur global besiegt werden. Der patentfreie Protein-Impfstoff Corbevax kann entscheidend dazu beitragen. In Indien erhielt er im Dezember 2021 eine Notfall-Zulassung. Im Februar 2022 soll die Auslieferung von monatlich 100 Millionen Impfdosen beginnen. Zu erwarten ist, dass andere Länder diesem Beispiel folgen.

Corbevax ist ein rekombinanter Protein-Impfstoff, wie der in der EU neu zugelassene Impfstoff Nuvaxovid von Novavax oder auch alle kubanischen Covid-Impfstoffe, der einfach und günstig herstellbar ist. Rekombinante Protein-Impfstoffe werden seit den 1980er Jahren weltweit in vielen Impfstoffen eingesetzt. Corbevax besteht aus der Rezeptor-Binde-Domäne (RBD) des Spike-Proteins von SARS-CoV-2, aus CpG 1018 (Cytosin-Phosphoguanin), das zugleich Plattform und Wirkverstärker ist, und aus Aluminiumhydroxid (Alum) als weiterem Wirkverstärker.

Vereinfacht kann man sich den Impfstoff so vorstellen, dass an eine Protein-Transport-Plattform ein Spike-Teilstück vom Covid-19-Erreger angeheftet ist. Außerdem ist ein Wirkverstärker beigegeben, damit das Immunsystem auf den Fremdkörper aufmerksam wird. Bildlich lässt sich das als ein Floß vorstellen (CpG 1018) mit Segel (RBD) und Ruder (Alum). Diese neu kombinierte Protein-Konstruktion wird dann vom Immunsystem angegriffen und schließlich zerlegt, sobald das Immunsystem durch Probieren einen geeigneten Zerlege-Mechanismus herausgefunden hat.

Diese zusammengefügten Proteine enthalten keinen „Bauplan“, wie bei den mRNA- und Vektor-Impfstoffen. Körpereigene Zellen werden also nicht zu Spike-Proteinfabriken umfunktioniert, um sodann vom Immunsystem angegriffen und zerstört zu werden. Es sind also keine Organ-, Blut- oder Nervenschäden zu befürchten.

Das Zentrum für Impfstoff-Entwicklung am Texanischen Kinderkrankenhaus und das Baylor College of Medicine, beide in Houston (Texas/USA), haben unter der Leitung von Dr. Maria Elena Bottazzi und Peter Hotez, den Impfstoff mit Hilfe von Spendengeldern entwickelt. Die Experten für Tropenkrankheiten haben zuvor schon Impfstoffe gegen SARS und MERS entwickelt. Außerdem forschen sie an einem Universal-Impfstoff gegen Coronaviren sowie an Impfstoffen gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten.

Corbevax verhindert der klinischen Studie Phase III zufolge zu über 90 Prozent symptomatische Verläufe von Covid-19. Gegen die Delta-Variante ist er zu über 80 Prozent effektiv. Daten zu Omikron stehen noch aus. Gesundheitliche Schäden sind nicht zu erwarten.

Die Technologie zur Herstellung rekombinanter Protein-Impfstoffe ist ausgereift, weltweit verfügbar und vergleichsweise günstig – und durch die Patentfreiheit doppelt günstig. Der Impfstoff kann in gewöhnlichen Kühlschränken gelagert werden, was für die weltweite Verteilung sehr wichtig ist und ebenfalls Kosten reduziert.

Die indische Firma BioE will 2022 1,3 Milliarden Impfdosen produzieren und günstig in Schwellen- und Entwicklungsländer verkaufen. Das wären 300 Millionen mehr Impfdosen als bisher insgesamt durch Spenden im Rahmen der COVAX-Kampagne weltweit von reichen Ländern gespendet wurden (bis 6.1.2022 960 Mio. Impfdosen). Eine einzige indische Firma würde also mehr für globale Impfgerechtigkeit leisten als alle entwickelten Länder zusammengenommen.

Wenn andere Länder und Firmen mitmachen und Corbevax zum Schnäppchenpreis weltweit verteilen, könnte die bislang als Misserfolg anzusehende Impfkampagne doch noch zu einem späten Erfolg kommen. Und das zu einem Bruchteil der Kosten. Das wäre dann aber kein Erfolg unserer Regierungen und profitorientierter Pharmakonzerne, sondern ein Erfolg uneigennützig denkender Außenseiter. Es wäre ein – für viele Covidtote jedoch zu später – Erfolg nicht wegen der offiziellen Impfkampagnen, sondern trotz und entgegen dieser Impfkampagnen.